2011 CD „Better ways“

Im Dezember 2011 kam die CD „Better Ways“ aus dem Presswerk direkt auf den Gabentisch. Besetzung: Roland Beeg, Harro Hübner, Lutz Mohri, Michiel Demeyere
please (harro hübner und roland beeg)
better ways (harro hübner)
tell me why (harro hübner und roland beeg)
99 days (harro hübner und roland beeg)

Rezension BluesNews Schweiz vom 13. Juli 2014 – Marc Winter

Pass Over Blues The und Better Ways – Marc Winter, 13. Juli 2014

Chicago – East Side

Eine Bluesband aus dem Osten Deutschlands sandte uns zwei CDs zur Besprechung zu. Dies ist perfekter Chicago-Blues aus Potsdam, aber er könnte auch von der East Side der «Windy City» stammen – wenn es eine solche denn gäbe. Die beiden Scheiben mit den auffällig kunstvollen Covers stammen von einer Formation namens Pass Over Blues, die sich für die «German Blues Challenge» qualifiziert hatte, und deren zwei CDs Better Ways (von 2011) und The… (2014) nun vorliegen. Nach Anhören der 25 Titel fragt man sich zwangsläufig, wieso man von dieser versierten Band noch nie etwas gehört hat. Eine Stimme wie aus dem Bilderbuch mit leichten Anklängen an Tom Waits, eine Blues-Gitarre wie sie sein sollte, farbig und ausdrucksstrark, manchmal schneidend und mit Twang, im nächsten Moment warm und schmeichelnd, dazu ein grooviger Bass und eine lebendiges Schlagzeug, das die Füsse beim ersten Takts zum Wippen bringt. Kein Wunder, denn Pass Over Blues sind wahre Veteranen mit einem Leben für den Blues. Und einer ging für seine Liebe zum Blues sogar ins Gefängnis. Die Formation Pass Over Blues wurde gegründet von Gitarrist Roland Beeg sowie Sänger und Harmonica-Spieler Harro Hübner. Die beiden bildeten anfangs ein Trio, doch später kamen zur aktuellen Formation noch Bassist Lutz Mohri und Schlagzeuger Michiel Demeyere. Für Beeg war dies die geschätzt einhundertste Inkarnation einer Musikformation, denn Roland «Rolli» Beeg begann seine musikalische Karriere im Jahr 1975, wo der aus Potsdam stammende Gitarrist das Leben in der DDR mit seiner Lieben für Rock-Musik vereinbaren wollte. Seit den späten 70er Jahren gingen zahlreiche Bandformationen und –auflösungen ins Land, wie die Geschichte der Band erzählt. Auf den aktuellen Alben spielt Beeg eine Strat mit einer Vielseitigkeit, dass jedem das Wasser im Mund zusammen läuft: funky, synkopiert, druckvoll ohne dröhnend zu werden, verhalten und mit diesem schmatzenden Ton, der sich eben erst nach Jahrzehnten einstellt. Beeg spielt sensationell Gitarre und auf jedem Tune der beiden CDs überrascht er von Neuem. Mit vielleicht der einzigen Ausnahme While My Guitar Gently Weeps. Der Beatles-Klassiker ist auf beiden CDs zu finden, und die Versionen unterscheiden sich kaum merklich. Das Abschluss-Solo kommt nicht an das Original heran, doch die Band spielt eine andere Version des Titels – weniger virtuos, mehr ein Gesamtkunstwerk der Band und dadurch überaus attraktiv. Der Hymnen-charakter des Songs kommt hier voll zum tragen. Als DDR-Musiker hat Beeg im Jahr 1988 sogar eine staatliche Anerkennung erhalten als «Hervorragendes Amateurtanzorchester», die Urkunde ist auf der Bandwebsite zu finden. «Rolli» Beeg musste vor dieser Anerkennung sogar einmal für eine gewisse Zeit in ein DDR-Gefängnis, wovon der Song 99 Days erzählt. Harro Hübner stiess erst 1995 dazu und auch Lutz Mohri spielt seit damals mit, Schlagzeuger Demeyere kam dann 2008 zum seither aktuellen Lineup, das wirklich hervorragend funktioniert. Hin und wieder stösst noch die Sängerin und Harp-Spielerin Kat Baloun dazu, auf den CDs war sie aber nicht zu hören. Auf den zwei hier zu besprechenden CDs folgt Höhepunkt auf Höhepunkt. Die Band spiel weitgehend in der Chicago-Tradition stehenden Blues mit Harp-Soli und griffigen Riffs. Und selbst wer nicht auf eine perfekte Blues-Gitarre steht: Hübners Stimme ist alleine eine Reise Wert. Diese Stimme schluchzt, schwelgt und dröhnt und behält dabei stets die perfekte emotionale Balance. Manchmal wie Tom Waits, manchmal fast wie Al Green (auf Take Me to the River) oder wie ein sanfter Balladensänger (The One). Dies ist eine Stimme, die Lebensweisheit und Spass am Leben vermittelt. Die CD mit dem frugalen Titel The…enthält 13 Titel, die natürlich alle mit dem bestimmten Artikel genannt werden und die für sich genommen schon Spass manchen. Einzige Ausnahme eben der Beatles-Titel. Auf der früheren CD Better Ways sticht der Song Verloren Gegangen heraus, der als Lamento an eine verlorene Gitarre daherkommt. Der einzige deutschsprachige Song. Ein richtiger Blues mit dem Versuch, auch auf Deutsch das Call-and-Response-Muster wirken zu lassen. Die Band verlangt bloss 15 Euro für jeder der beiden CDs und jeder Cent davon ist gut investiert. Dies sind CDs wie man sie im Player lässt und lässt und die Songs schaffen es auf jede Favoriten-Liste. Die Musik kann hier direkt bestellt werden.